Hat es Sie gerade erwischt? Mitten im Leben und völlig unerwartet: Sie haben den Laufpass erhalten. Zahlreiche Gefühle toben in Ihnen: Trauer, Hilflosigkeit, Wut, aber auch Fragen, zum Beispiel nach dem Warum. Jeder Mensch verspürt Liebeskummer unterschiedlich. Manche haken die Vergangenheit unkompliziert ab. Die meisten Menschen fühlen sich aber, von der Gewalt der einstürmenden Gefühle übermannt und sehen erstmals keinen Ausweg. Doch wie entsteht Liebeskummer und gibt es hilfreiche Tipps, damit der Liebeskummer kein Dauerzustand wird?
Überrollen negative Emotionen einen Menschen, ist dafür das Gehirn zuständig. Denn laut diverser Untersuchungen der Neurowissenschaftler macht das menschliche Gehirn keinen Unterschied zwischen physischen und psychischen Schmerzen. Das bedeutet, im Gehirn wird stets das gleiche Areal aktiviert. Unabhängig, ob der Schmerz aufgrund einer körperlichen Verletzung entstand oder durch die Ablehnung eines Mitmenschen. Jeder Mensch empfindet Unwohlsein, wenn er von den Mitmenschen ausgeschlossen wird oder der Partner die Beziehung beendet. Dieses negative Gefühl wird als sozialer Schmerz bezeichnet.
Die Wissenschaft geht davon aus, dass der Ursprung in der frühen Menschheitsgeschichte zu finden ist. Damals war es essenziell, von der Gemeinschaft nicht ausgeschlossen zu werden. Anpassung war lebensnotwendig.
Mittlerweile könnten die Menschen viel gelassener mit Diskriminierung umgehen. Doch da das zuständige Areal im Gehirn nicht der Evolution zum Opfer fiel, muss diese Fähigkeit erst erlernt werden.
Wenn Menschen Liebeskummer erleiden, verläuft der Trauerprozess in vier verschiedenen Phasen. Das Wissen um diese Phasen kann helfen, sich selbst und den eigenen Kummer besser zu verstehen sowie zu erkennen, dass die eigenen Gefühle in dem Moment völlig normal sind.
Wenn der Partner unerwartet oder ungewollt die Trennung ausspricht, will man es erst nicht wahr haben. Mann kann die Trennung noch gar nicht richtig begreifen und ist nicht bereit, sie zu akzeptieren. Diese erste Phase des Liebeskummers ist geprägt von Angst, Verzweiflung, Selbstzweifeln, aber auch Hoffnung. Bei so einem plötzlichen Liebesentzug aktiviert sich ähnlich wie bei einem Drogenentzug ein starkes Verlangen, man fühlt sich unruhig, unzufrieden, traurig, bedrückt und erschöpft. Wie bei einer Sucht, ist man im Glauben, dass man sich besser fühlen wird, wenn man sein Suchtobjekt wieder kosten kann. Deshalb versuchen viele Menschen in dieser Phase, um die Beziehung zu kämpfen und ihren Ex-Partner mit offenen oder verdeckten Handlungen zurückzuerobern.
In dieser zweiten Phase unseres Liebeskummers fängt man an die Endgültigkeit der Trennung und die Entscheidung des Partners zu begreifen. Die Beziehung ist vorbei und der Partner wird nicht zurückkommen. Mit dem Bewusstsein über das Ende der Beziehung kommt auch der starke Trennungsschmerz. Starke Gefühle überrollen uns: Trauer, Angst, Perspektivlosigkeit, Selbstzweifel oder Schuldzuweisungen. Man kommt an einen Tiefpunkt der Verzweiflung. Diese Phase ist wichtig, da hier die emotionale Verarbeitung der Trennung stattfindet. Ohne diese emotionale Aufarbeitung kann man nicht wirklich loslassen und einen Neuanfang machen.
Nach dem Trauerprozess in der zweiten Phase des Liebeskummers geht es in der dritten Phase langsam wieder aufwärts. Man wird zuversichtlicher und optimistischer. Der Trennungsschmerz ist nicht vergessen, es kommt aber langsam eine Akzeptanz und man merkt, dass das Leben weiter geht. Auch fängt man an, die verlorene Beziehung realistischer zu betrachten. Man sieht nun auch die negativen Seiten, bemerkt auch eigene Fehler, erkennt Gründe und Anzeichen für die Trennung. Hier werden auch Entscheidungen getroffen, was sich in den nächsten Beziehungen alles nicht wiederholen darf. Und somit eröffnet sich langsam die Perspektive für eine neue Partnerschaft.
In dieser Phase lenkt sich die Aufmerksamkeit vom Ex-Partner allmählich zurück zu sich und zu den eigenen Bedürfnissen. Man bekommt wieder mehr Energie, wird selbstsicherer und mutiger.
In dieser letzten Phase des Liebeskummers ist man endlich über den Trennungsschmerz hinweg. Der Trennungsprozess ist abgeschlossen, man ist im Frieden mit der Trennung. Es öffnet sich nun Raum für ein neues Leben, für einen Neubeginn. Man trifft neue Entscheidungen, will neue Wege gehen. Die Wunden sind verheilt und man ist bereit, wieder Neues zuzulassen.
Professionelle Erkenntnisse, zusammengefasst in den nachstehenden Tipps, helfen Ihnen dabei, den Liebeskummer besser zu meistern und die Entscheidung des Ex-Partners schneller zu akzeptieren.
Eine Trennung von einem geliebten Menschen ist ein enormer Verlust. Die dabei entstehenden Verlustgefühle kann man mit der Trauer um einen verstorbenen Menschen vergleichen. Je länger und intensiver die Beziehung war, desto stärker ist auch der Trennungsschmerz. Es ist wichtig, sich Zeit für das Trauern zu nehmen. Denn im Trauerprozess verarbeiten wir unsere Verlustgefühle und auch wenn es schmerzhaft ist, ist die Trauerphase wichtig, um danach weiter nach vorne schauen zu können.
Eine Trennung kann uns in Selbstzweifel führen. Man sucht die Fehler und die Gründe für die Trennung bei sich und stellt sich komplett in Frage.
Eine wichtige Voraussetzung, um glücklich zu sein, ist mit sich selbst im Reinen zu sein. Das heißt, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist, mit allen guten wie schlechten Seiten. Keiner ist perfekt und man darf auch Fehler machen. Daher, sagen Sie sich: Ich bin in Ordnung, so wie ich bin! Ich bin genug, ich tue genug! Auch wenn ich nicht perfekt bin, bin ich trotzdem liebenswert! Ich bin gut so, wie ich bin!
Um die Trennung zu verarbeiten, hilft es darüber zu reden. Das Sprechen über die Trennung, hilft die eigenen Gedanken und Gefühle zu reflektieren. Manchmal kommt man alleine beim Erzählen auf wichtige Erkenntnisse. Desweiteren ist aber beim Sprechen auch wichtig, Verständnis und Zuspruch vom Gegenüber zu bekommen. Die Reaktionen und Rückmeldungen von außen können auch eine andere Perspektive eröffnen. Daher: Behalten Sie Ihren Schmerz nicht für sich, sondern sprechen Sie mit guten Freunden oder nahestehende Personen darüber. Wenn das nicht möglich oder nicht erwünscht ist, suchen Sie professionelle Hilfe auf – ein Psychologe kann Sie durch Ihren Trennungsprozess kompetent begleiten.
Ein Tagebuch kann helfen mit dem Chaos den Gedanken und Gefühlen besser umzugehen. In dem man die belastenden Gefühle, schmerzenden Erinnerungen, unerfüllten Wünsche und Sehnsüchte aufschreibt, bringt man diese Gefühle raus. Nicht immer hat man einen Zuhörer dabei und nicht alles kann man den Freunden oder der Familie erzählen. Ein Tagebuch ist ein schweigsamer und geduldiger Zuhörer. Das Aufschreiben kann auch Grübeln und Gedankenkreisen unterbrechen und eine andere Perspektive auf die Situation bekommen. Die Gedanken auf Papier zu bringen hilft außerdem dabei, das innere Chaos zu sortieren.
Auch wenn es schwierig klingt, ist es bei einer Trennung sinnvoll, die Aufmerksamkeit weg vom Ex-Partner zu lenken. Denn, je öfters man daran erinnert wird, desto häufiger erlebt man den Trennungsschmerz erneut. Daher, wenn es sicher steht, dass Ihr Ex-Partner die Beziehung nicht mehr führen wird, versuchen Sie die Erinnerungen an ihm im Alltag zu minimieren. Reduzieren Sie wenn möglich den Kontakt zu ihm. Gehen Sie nicht mehr an Orte, an denen Sie gemeinsame Erlebnisse und Erinnerungen haben. Entfernen Sie von Ihrer Wohnung Fotos und Gegenstände, die Ihre Gedanken zu Ihrem Ex lenken. Bitten Sie Ihren Ex-Partner auch seine Sachen von Ihrer Wohnung abzuholen. Vielleicht tut es Ihnen gut neue Änderungen in Ihrem Leben einzuführen, z.B. die Wohnung neu zu gestalten oder neue Wege zur Arbeit zu fahren, um damit die üblichen Grübelgedanken zu unterbrechen.
Wenn man an Liebeskummer leidet, passiert es schnell, dass man sich vernachlässigt. Ist eh schon alles egal. Man achtet nicht auf seinen Körper, ernährt sich schlecht, bewegt sich wenig, versucht sich mit Suchtverhalten abzulenken, schläft nicht gut. Im Endeffekt führt das aber dazu, dass man sich noch schlechter fühlt.
Gerade wenn Sie unter starker Belastung stehen ist es sehr wichtig darauf zu achten, dass Ihr Körper gut versorgt ist. Denn ein gesunder Körper gibt Ihnen die notwendige Kraft, die Krise zu überstehen. Daher: Gehen Sie fürsorglich mit sich selbst um. Essen Sie regelmäßig und gesund. Bewegen Sie sich so viel wie möglich, denn Sport und Bewegung helfen dabei, die Stresshormone abzubauen. Achten Sie auf ausreichenden Schlaf – das ist die Zeit, in der Ihr Körper seinen „Akku“ auflädt. Vermeiden Sie ungesundes ablenkendes Verhalten, wie Rauchen, Alkohol, Drogen oder langen Medienkonsum. Achten Sie auf Ihre Bedürfnisse und tun Sie das, was Ihrem Körper und Seele hilft, sich wieder zu regenerieren.
Nach der Trennung erscheint Ihnen das Leben wahrscheinlich düster und trostlos. Es gibt aber weiterhin gute Dinge im Leben. Denken Sie an die Zeit vor Ihrem Liebeskummer. War da auch alles schwarz? Was hat Ihnen damals Freude bereitet? Was hat Sie aufgeladen? Ist Ihr Glück wirklich nur von einer Person abhängig? Mit großer Wahrscheinlichkeit werden Sie feststellen, dass Ihnen auch andere Sachen in Ihrem Leben wichtig sind, nur sind die derzeit aus Ihrem Fokus gerutscht. Sich wieder mit den Dingen zu beschäftigen, die Ihnen positive Energie geben, wird Sie dabei stärken, die Trennungszeit schneller zu überstehen. Trauern Sie nicht der Vergangenheit nach, das Leben hat noch so viele wunderschöne Momente für Sie in petto.
Sie haben so viel durchgemacht, so viel gelitten! Nun ist es an der Zeit, sich was Gutes zu tun. Kümmern Sie sich um Ihr Wohlbefinden, indem Sie sich kleine (oder große) Belohnungen gönnen. Überlegen Sie, was tut Ihnen gut? Gibt es etwas, was Sie schon länger machen wollten? Was kann Sie gut trösten oder Ihnen Spaß machen? Gönnen Sie sich Glücksmomente! Jetzt stehen Sie im Fokus!
Der Trennungsschmerz ist ein natürlicher Trauerprozess, in dem wir den Verlust einen geliebten Menschen verarbeiten. Wie bei jeder Wunde, braucht der Körper oder die Seele Zeit, um zu genesen. Wenn man ständig den Finger in die offene Wunde legt, kann sie nicht heilen. Auch beim Liebeskummer kommt irgendwann ein Zeitpunkt, an dem es besser ist loszulassen, um befreit nach vorne zu sehen. Wenn Sie merken, dass Sie die Trennung ein Stück verarbeitet haben und ein bisschen Abstand kriegen konnten, ist es an der Zeit, Abschied zu nehmen. Das können Sie machen, in dem Sie sich bewusst entscheiden, diesen Abschnitt Ihres Lebens zu beenden. Hilfreich kann auch ein Abschlussritual sein, ein symbolischer Akt, der den Abschied visualisiert, z.B. ein Abschiedsbrief schreiben (muss nicht verschickt werden), ein gemeinsames Foto in zwei Teile trennen, einen symbolischen Gegenstand vergraben etc..
So gestärkt sind Sie auch bald wieder bereit, für eine neue Beziehung. Oder vielleicht erkennen Sie auch, die Vorzüge eines Lebens als Single und wollen nicht so schnell wieder eine neue Partnerschaft eingehen. Für was Sie sich auch entscheiden, das effektivste Gegenmittel bei Liebeskummer ist, eine positive Grundeinstellung, sich selbst und dem Leben gegenüber.
Artikel: Daniela Dvoretska